„Ich bin ich und du bist du“
Vorschularbeit in den Einrichtungen des Vereins
„Kinder sind unsere Zukunft“ e.V. | Lahntal | Münchhausen
Auf einer bunten Blumenwiese geht ein kleines Tier spazieren. Es fühlt sich mit vielen anderen Tieren verwandt – obwohl es keinem ganz gleicht. Es ist kein Pferd, keine Kuh, kein Vogel, kein Nilpferd – und langsam beginnt es an sich zu zweifeln. Aber dann erkennt das kleine Tier: „Ich bin nicht irgendwer, ich bin ich.“
Genau diese Erkenntnis, die das Tier in dem Bilderbuch „Das kleine Ich bin ich“ erlangt, soll auch den Vorschülern in den Einrichtungen des Vereins „Kinder sind unsere Zukunft“ e.V. | Lahntal | Münchhausen vermittelt werden. Ein gutes Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl sind die Basis, um in der Schule erfolgreich sein zu können. Doch es geht nicht nur darum, sich selbst gut zu finden, sondern auch die anderen Kinder akzeptieren und respektieren zu können, die eigenen Bedürfnisse auch einmal zurückzustellen und Rücksicht aufeinander zu nehmen. Das gehört zu den sozial-emotionalen Kompetenzen, die für einen erfolgreichen Übergang vom Kindergarten in die Grundschule eine zentrale Voraussetzung bilden.
Daher nimmt das Thema Wahrnehmung in der Vorschularbeit der Kindertagesstätten des Vereins einen großen Stellenwert ein. Denn dabei werden nicht nur die Sinne Sehen, Hören, Riechen, Tasten und Schmecken angesprochen. Die Kindertagesstätte „Lummerland“ in Caldern beispielsweise legt einen besonderen Schwerpunkt auf die Körperwahrnehmung unter dem Projektnamen „Ich bin ich und du bist du!“.
Das Ziel des Projekts ist, dass die Vorschüler als Gruppe zusammenfinden, in der jedes Kind seinen Platz hat und als Individuum akzeptiert sowie respektiert wird. Dafür müssen sich die Kinder mit ihrer eigenen Persönlichkeit auseinandersetzen und werden sensibilisiert, sich selbst und auch andere Kinder in ihrer Einmaligkeit wahrzunehmen und zu schätzen.
Dabei wird vor allem die sozial-emotionale Schulfähigkeit gefördert. Kinder sind im ersten Schuljahr gefordert, losgelöst vom Elternhaus unter neuen räumlichen Bedingungen in einer Gruppe mit Gleichaltrigen unter der Anleitung eines Lehrers Lernaufgaben zu bewältigen. Dabei sind unter anderem Gruppenfähigkeit, Regeleinhaltung, Konfliktfähigkeit und emotionale Stabilität gefragt. Dies setzt Selbstbewusstsein und Selbstwertgefühl voraus. Eine gute Körperwahrnehmung bildet hierfür die Basis.
Bereits im Kindergartenalter beginnen die Mädchen und Jungen damit, sich zu vergleichen, was zu Unsicherheiten führen kann. Dabei werden nicht nur optische Unterschiede miteinander vergleichen, sondern auch bestimmte Fähigkeiten. Um in dieser Phase das Selbstwertgefühl von Kindern zu stärken, ist es wichtig, ihnen zu vermitteln, dass jeder Mensch Stärken und auch Schwächen hat.
Während der Projektwoche begrüßen sich die Kinder und Erzieher in Caldern jeden Morgen als Ritual und als Symbol des Beginns mit dem Lied „Ich bin ich und du bist du“. Sie führen Gespräche darüber, wer sie sind, wie sie aussehen, was sie alles können und was an ihnen besonders ist. Das Bilderbuch „Das kleine Ich bin ich“ dient dabei als Gesprächsanregung.
Die Fünf- und Sechs-Jährigen setzen sich auch damit auseinander, wie sie aussehen. Ihre Umrisse werden auf Tapetenrollen gemalt, das „Innere“ gestalten sie mit verschiedenen Materialien wie Stoffresten. Außerdem malt sich jedes Kind selbst. Dies ist oftmals auch eine Aufgabe während der Schulfähigkeitsüberprüfung. Anhand dieses Selbstbildnisses wird häufig nach wie vor die sogenannte Gliederungsfähigkeit überprüft. Dazu gehören unter anderem die Rechts-/Links- sowie Oben-/Unten-Unterscheidung, Grundkenntnisse über den menschlichen Körper sowie einfache Handlungsabläufe strukturieren („das zuerst – das zuletzt“). Die Gliederungsfähigkeit bedeutet beim späteren Schriftspracherwerb in der Schule, zum Beispiel Wörter in Buchstaben zerlegen zu können oder Silben als Ganzes zu erkennen, was das Lesen erleichtert. Im Bereich der Mathematik umfasst die Gliederungsfähigkeit beispielsweise das Erkennen von Zahlenkombinationen, also mehrstelligen Zahlen.
Auf die Auseinandersetzung mit sich selbst folgt die Auseinandersetzung mit den anderen. Durch eine Gemeinschaftsarbeit werden Gruppengefühl und Teamarbeit gestärkt. Die Kinder basteln gemeinsam ein Haus und kleben Fotos von sich selbst in die Fenster. Das Herstellen von Freundschaftsarmbändchen fördert nicht nur die Feinmotorik und Auge-Hand-Koordination, sondern festigt auch die bereits bestehenden und neu entstandenen Freundschaften der zukünftigen Grundschüler untereinander. Spielerische „Körpermassage“ mit Igelbällen und unter Anleitung von Bewegungsgeschichten schafft Vertrauen untereinander.
Im Verlauf der Projektwoche lernen die Kinder daher, nicht nur die Gruppe als Ganzes, sondern auch jedes einzelne Kind mit seinen Besonderheiten wahrzunehmen, und sich als Gemeinschaft zu empfinden. Dies veranschaulichen die Kinder durch die Gestaltung einer Sonne, bei der die Strahlen aus Hand- und Fußabdrücken der Kinder bestehen.