25.03.2019

Lebensfreude überwindet Sprach-Barrieren

Sie stupsen sich gegenseitig an, machen Grimassen, lachen. Die 20-Jährige und die 4-Jährige wirken vertraut miteinander. Dabei ist Abigail Beukes erst seit kurzem in der Kindertagesstätte „Mäuseburg“ in Goßfelden, wo sie ihren Freiwilligendienst absolviert. Die 20-Jährige kommt aus Rehoboth in Namibia und spricht kaum Deutsch. Dennoch fand sie schnell Bezug zu den Kindern, vor allem zu jenen in der „Farbmaus-Gruppe“, in der sie die beiden Erzieherinnen Selina Stein und Janina Umbscheiden unterstützt.

Genau das schätzen die beiden sehr an ihrer neuen Kollegin, die für etwa ein Jahr in Deutschland bleibt. „Die Lebensfreude, die sie ausstrahlt, überträgt sie auch auf die Kinder“, sagt Stein. Dadurch habe Abby, wie sie auch genannt wird, schnell eine Bindung vor allem zu den Kindern aufgebaut, die sonst eher weniger aufgeschlossen sind – häufig wegen sprachlicher Barrieren, erläutert Umbscheiden. Bei den ganz Kleinen in der Gruppe, die noch kaum sprechen können, oder denen, deren Muttersprache nicht Deutsch ist, punkte Abigail gerade damit, dass sie nicht viel auf Deutsch sagen könne und stattdessen auf nonverbale Interaktion setze. „Es bedarf nicht vieler Worte und sie verstehen sich trotzdem gut“, sagt die Erzieherin.

Auch umgekehrt profitiert Abigail von der Arbeit mit den Kindern. „Ich versuche alles, um mit ihnen zu kommunizieren – mit Händen, Füßen, durch Aufmalen“, berichtet sie auf Englisch. Für die Kinder sei das ein Spaß, die diese Art der Unterhaltung häufig als Spiel ansehen. Auf Deutsch fragt sie die kleinen Schützlinge: „Was ist das?“ – und sie nennen ihr die deutschen Begriffe, die sie dadurch lerne. „They teach me a lot“, sagt die junge Frau.

Aber auch umgekehrt haben die Kinder im Alter von zwei bis sechs Jahren Freude daran, selbst Englisch auszuprobieren. Das ist nicht nur eine Bereicherung für die Kinder in der Einrichtung, die neben ihrer Muttersprache nur Englisch sprechen, oder für jene, die zweisprachig (deutsch-englisch) aufwachsen.

Doch Abigail begeistert nicht nur damit. „Sie ist sehr interessiert an unserer Arbeit und wissbegierig“, sagt Stein. Auch die Leiterin der Kindertagesstätte, Manuela Schmidt-Ligia, ist begeistert von Abbys Engagement: „Sie ist sehr motiviert und möchte uns alle, also auch die anderen Erzieher, immer unterstützen.“

Bereits während ihrer Schulzeit im südwestlichen Afrika hat sie dabei geholfen, Schüler in sogenannten Camps zu betreuten. Ihr Lehrer in der Highschool, der für die Volunteers (Freiwilligen) zuständig ist, half ihr dann dabei, sich für den Austausch zwischen Namibia und Deutschland zu bewerben.

Viele Unterschiede zwischen ihrem Heimat- und ihrem Gastland hat Abigail bereits festgestellt. „Hier ist es sehr kalt, aber das mag ich“, lacht sie. Im Vergleich zu Namibia empfindet es Abigail in Deutschland als sehr sicher. „In Namibia muss man alles abschließen, sonst kommen sofort Diebe. Die Polizei braucht sehr lange bis sie in die kleineren Orte kommt, etwa eine Stunde Fahrtzeit“, berichtet sie.

Vor allem ist Abigail von der großen Auswahl in den deutschen Supermärkten beeindruckt – und ein stückweit sogar etwas überfordert. „Es gibt so eine große Auswahl an Tomaten oder unterschiedlichem Käse“, staunt sie. Dagegen bekomme man in ihrem Heimatland Fleisch von guter Qualität bereits sehr günstig, hier müsse man mehr dafür bezahlen. Aber der Kaffee schmeckt ihr dafür in Goßfelden besser.

Wenn sie zurückkehrt, möchte Abigail mit ihrem Studium beginnen – Psychologie oder Soziale Arbeit. Doch bis dahin möchte sie weiterhin ihre Zeit in Lahntal genießen und neben den Erfahrungen auf der Arbeit noch mehr so tolle Erinnerungen mit nachhause nehmen wie den Ausflug an ihrem Geburtstag, den sie bereits mit ihren neuen Kolleginnen gefeiert hat.