31.03.2017

Tipps für liebevolle und konsequente Leitwölfe

„Ich will aber!“ Mit vor Wut hochrotem Kopf stampft das etwa dreijährige Kind mit dem Fuß auf den Boden und schmeißt sich dann auf selbigen. Es brüllt zornig. Tränen fließen. Die anderen Kunden im Supermarkt schauen zuerst zu dem schreienden Kind, dann zu dem dazugehörigen Elternteil – teils peinlich berührt, teils kopfschüttelnd, andere genervt und wieder andere äußerst mitleidig. Welche Eltern haben solch eine oder so eine ähnliche Situation mit ihrem Nachwuchs noch nicht erlebt? Falls nicht: Herzlichen Glückwunsch, Sie sind zu beneiden. Ein Großteil jedoch kennt solche Trotzreaktionen der eigenen Kinder und wünscht sich dafür mitunter hilfreiche Ratschläge. Das zeigt die große Resonanz an Besuchern, die an dem Elternabend des Vereins „Kinder sind unsere Zukunft“ e.V. | Lahntal | Münchhausen zum Thema „Liebevoll und konsequent erziehen – das geht!“ teilgenommen haben.

Diesen interessanten Vortrag haben sich rund 60 Elternteile und Erzieher auf der Gemeinde in Sterzhausen angehört. Die Offenheit der Referentin Lisa Konur und die lockere Atmosphäre sorgten dafür, dass zahlreiche Fragen rund um die Thematik gestellt wurden. Die vortragende Lehrerin und Heilpädagogin konnte zwar „kein Allheilmittel“ anbieten, dafür aber viele Anregungen und Tipps, wie Eltern beispielsweise mit Zornesausbrüchen und Verweigerungen von Aufforderungen ihrer Zöglinge möglichst nervenschonend umgehen können.

Um zu erreichen, dass ein Kind zum Beispiel das befolgt, wozu man es aufgefordert hat, solle die Aufforderung nicht als Bitte oder gar als Frage formuliert werden, sondern klar und kurz. Außerdem solle man darauf achten, ob das Kind überhaupt aufmerksam ist. Ein Herüberschreiben von einem Raum zum anderen sei wahrscheinlich weniger effektiv, als mit dem Kind in direkten Blick- und Körperkontakt zu treten und dabei die Aufforderung zu formulieren. Auch sollte jede Aufforderung lediglich einmal wiederholt werden, danach das Nichtbefolgen eine Konsequenz nach sich ziehen. Dabei sollten Konsequenzen immer angemessen sein, also zur Situation passen – beispielsweise passe Fernsehverbot als Konsequenz nicht zu unerwünschtem Essverhalten.

Die beste Alternative zum Schimpfen sei das sogenannte authentische Feedback, bei dem auf die Gefühlsebene des Kindes eingegangen wird. „Ich kann verstehen, dass du das jetzt willst und wütend bist, weil du es nicht bekommst – aber mich ärgert, dass du dich deswegen auf den Boden schmeißt und herumschreist“ – etwa so oder so ähnlich könnte ein authentisches Feedback bei der oben beschriebenen Situation formuliert werden.

Lisa Konur erläuterte zudem die Gründe solcher Zornesausbrüche, die mitunter auch in Treten, Beißen oder Schlagen von Seiten der Kinder münden können. „Wut ist in der Regel die Folge von Frust“, sagte die Referentin, die Leiterin des Projektes „NULL bis SECHS“, der Anlaufstelle für präventive Beratung für Eltern und Kindertagesstätten im Landkreis Marburg-Biedenkopf. Frust werde vor allem in drei Situationen ausgelöst: „Ich will – aber ich darf nicht“, „Ich muss – aber ich will nicht“ und „Ich will – aber ich bekomme es nicht hin“. Bei Kindern unter drei Jahren sei Wut häufig auch Ausdruck für Überforderung beziehungsweise Hilflosigkeit – meist aufgrund der fehlenden sprachlichen Verständigungsmöglichkeit.

Lisa Konur empfahl den Erziehungsberechtigten, eine Art „Leitwolf“ zu sein, weil dies den Kindern unter anderem Sicherheit und Verlässlichkeit biete, was zu einem guten Rahmen für Erziehung gehöre. Das Bild des „Rahmens“ verwendete sie noch einmal sehr anschaulich. Sie verglich Erziehung mit einem Kanal, der eine feste Begrenzung – einen Rahmen – biete. Innerhalb des Kanals sei ein Ausprobieren und Austesten der Kinder möglich, aber angekommen an der Begrenzung müsse klar sein: „Bis hierhin und nicht weiter“.

Um außerdem die Bindung zwischen Eltern und Kind zu stärken und damit zu einem harmonischeren Miteinander beizutragen, erläuterte die Referentin das Prinzip der „Spaß- und Spielzeit“, die dem Kind für einen vorher klar begrenzten Zeitraum ungeteilte Aufmerksamkeit ermöglicht – beispielsweise alle zwei Tage für 15 Minuten. In dieser Zeit sollte es keine Störungen und Unterbrechungen geben. Diese Zeit gehöre nur dem Kind und dem Elternteil, und dann dürfe der Nachwuchs auch mal „Chef“ sein.

Klare Familienregeln, an die sich alle Familienmitglieder – nicht nur das Kind – halten müssen, Entschleunigung der Hektik sowie angemessene und unangemessene Konsequenzen waren außerdem nur einige der weiteren Punkte, die Lisa Konur thematisierte und dafür mit einem dankbaren Applaus verabschiedet wurde.